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Beitrag vom 03.07.2019
TEL AVIV ON FIRE. Ein Film von Sameh Zoabi. Kinostart: 04.07.2019
Sharon Adler
Der Nahostkonflikt als gefühlvolle, kitschige Soap Opera. Nicht nur der Kinofilm selbst, auch die schnulzig wie populäre Seifenoper, die jeden Abend über die TV-Bildschirme flimmert und Israelis wie Palästinenser*innen (vor allem Frauen) vor den Fernsehschirmen vereint, trägt diesen provozierenden Titel. Doch "Tel Aviv on Fire" ist nicht parteiisch und will weit mehr als "nur" unterhalten. Ausgezeichnet u.a. auf dem Haifa International Film Festival und dem Jüdischen Filmfestival Wien.
Der Palästinenser Salam (KAIS NASHIF) macht ein Praktikum in der Produktionsfirma seines Onkels und muss für die Dreharbeiten zur Soap Opera "TEL AVIV ON FIRE" jeden Tag die Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland überqueren. Bei einer Checkpoint-Kontrolle gerät das Skript der nächsten Folge in die Hände des israelischen Kommandeurs Assi (YANIV BITON). Das kommt dem gelangweilten Grenzwächter gerade recht. Gegen eine tägliche Lieferung von Hummus, vor allem aber, um seine Frau zu beeindrucken, zwingt er Salam, das Drehbuch umzuschreiben. Ein Bombenerfolg! Von nun an denken sich Salam und Assi gemeinsam immer neue schnulzige Dialoge und absurde Plotentwicklungen aus.
Assi, der seiner Frau ein Happy-End verspricht, nimmt immer mehr Einfluss auf die ursprünglich anti-zionistische Seifenoper, was auch den palästinensischen Medien nicht verborgen bleibt ("Das palästinensische Fernsehen hat den Koscher-Stempel" titelt die Presse einhellig). Als die weibliche Hauptdarstellerin zudem beschließt, nach Paris zu emigrieren, und die Serie abgesetzt werden soll, stehen die beiden Männer vor einem Riesenproblem.
"TEL AVIV ON FIRE" – DIE SOAP OPERA IM FILM
Die Studioproduktion "Tel Aviv on Fire" spielt in Tel Aviv, 1967 – ein schicksalhaftes Jahr. Überall gibt es Gerüchte, es würde Krieg geben. Manal, eine glamouröse, arabische Frau kommt als Spionin in die Stadt. Unter dem Namen Rachel gibt sie sich als jüdische Immigrantin aus Frankreich aus. Ihre Mission: Yehuda Edelman, den mächtigsten General Israels zu verführen und so an die Kriegspläne zu kommen. Manals Tarnung: Sie betreibt das beste französische Restaurant in ganz Tel Aviv, das sich natürlich direkt gegenüber dem Hauptquartier des Militärs befindet. Mit französischem Gebäck becirzt Rachel Yehuda, und die beiden werden ein Liebespaar. Doch hat sich Manal wirklich in den hochrangigen, israelischen General verliebt? Hat sie, Tochter einer Flüchtlingsfamilie aus Jaffa, tatsächlich ihre palästinensischen Wurzeln vergessen? Was ist mit ihrem wahren Geliebten, dem Widerstandskämpfer Marwan, der sie auf diese gefährliche Reise geschickt hat? Bleiben Sie dran, denn es geht endlos weiter!
Der Nahostkonflikt als gefühlvolle, kitschige Soap Opera? Mit leichter Hand und intelten Dialogen gelingt Regisseur Sameh Zoabi (UNDER THE SAME SUN, MAN WITHOUT A CELLPHONE) mit TEL AVIV ON FIRE dieses Kunststück. Sein großes Vorbild ist Charlie Chaplin. Sameh Zoabi zitiert den Meister der hintergründigen Komik: "Um wirklich lachen zu können, muss man sich seinem Schmerz stellen und damit spielen können."
Zum Regisseur: Sameh Zoabi ist in Iksal, einem palästinensischem Dorf in der Nähe von Nazareth, geboren und aufgewachsen. Zoabi studierte Filmwissenschaften und englische Literatur an der Universität Tel Aviv und erhielt ein Stipendium für ein Regie-Studium an der School of Arts der Colombia Universität, das er ebenfalls absolvierte.
Zoabis besondere filmische Handschrift wurde vom Filmmaker Magazine gewürdigt, das ihm als einen der "Top 25 New Faces of Independent Cinema" benannte. Seine Filme wurden auf vielen Festivals gezeigt und ausgezeichnet, darunter Cannes, Toronto, Locarno, Sundance, Karlovy Vary, New Directors/New Films und dem New York Film Festival.
Regisseur Sameh Zoabi auf die Frage, was es bedeutet, als Palästinenser in Israel eine Komödie zu drehen: "Es ist eine große Herausforderung, eine Komödie zu drehen, die sich mit der palästinensischen und israelischen Wirklichkeit beschäftigt. Die Menschen nehmen die Region und den Konflikt sehr ernst. Jeder Versuch, eine Komödie daraus zu machen, kann leicht missverstanden werden und muss sich dem Vorwurf stellen, nicht stark oder ernst genug zu sein. Aber ich glaube, dass eine Komödie einem die Freiheit gibt, sehr ernste Themen auf eine subtilere Art zu diskutieren. In meinen Filmen versuche ich zu unterhalten, aber auch vom Zustand, in dem meine Figuren leben, auf eine wahrhaftige Art und Weise zu erzählen."
TEL AVIV ON FIRE lief im Wettbewerb des Toronto International Film Festivals 2018 und auf der Biennale in Venedig 2018 in der Sektion "Orrizonti", wo Kais Nashif als Bester Darsteller ausgezeichnet wurde. Außerdem erhielt der Film den Preis "best Israeli film" auf dem 34. Haifa International Film Festival sowie den Publikumspreis des Jüdischen Filmfestival Wien 2019. Am 4. Juli 2019 startet TEL AVIV ON FIRE bundesweit im Kino.
AVIVA-Tipp: TEL AVIV ON FIRE bildet mit viel Liebe zum Detail und auf humorvolle und subtile Art die Brisanz der politischen Ebene auf einer sehr persönlichen ab, ohne dabei die Gefühle der Menschen zu verletzen.
Gerade das Medium "Soap Opera" erlaubt es, die Absurdität des Konflikts in all seinen Facetten authentisch und vor allem menschlich darzustellen. Regisseur Sameh Zoabi gelingt es meisterhaft, Klischeebilder zu entlarven und die israelische wie palästinensische Perspektive gleichermaßen abzubilden. Großartig.
TEL AVIV ON FIRE
Luxemburg, Frankreich, Israel, Belgien 2019
Regie: Sameh Zoabi
Produziert von Amir Harel and Ayelet Kait
Mit: Kais Nashif, Yaniv Biton, Lubna Azabal, Nadim Sawalha u.a.
Verleih: MFA+
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 04.07.2019
Der Trailer ist online unter: www.youtube.com
Mehr zum Film unter: www.mfa-film.de
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